Im aktuellen KMA Magazin (September 2019) haben wir genauer beleuchtet, wie Corporate Influencer und Kliniken zusammenpassen. Aber passt das zusammen? Ärzte, die Influencer sind?
Lena Kaczmarczyk hat zu dem Thema „Corporate Influencer“ ihre Bachelorarbeit geschrieben, bei der wir mit einem Experteninterview unterstützen durften. Ihre wichtigsten Erkenntnisse hat sie für Team HR in einem Gastbeitrag zusammengefasst. Danke Lena:
Zwischen Buzzword und strategischem Instrument
Die Auswirkungen von Mitarbeitern, die sich negativ über ihren Arbeitgeber äußern, sind bekannt: Die Reputation des Arbeitgebers leidet und potenzielle Bewerber werden abgeschreckt. Das passiert häufig beim Gespräch mit Bekannten. Die Reichweite bei negativen Äußerungen in sozialen Medien ist jedoch umso höher. Genau den umgekehrten Fall wollen sich Unternehmen zu Nutze machen: Mitarbeiter, die nicht nur analog von ihren positiven Erlebnissen bei ihrem Arbeitgeber erzählen, sondern als Corporate Influencer über ihre Profile in sozialen Medien. An dieser Stelle verschmelzen private und berufliche Profile.
Ehrlich gesagt, die Vorstellung klingt verlockend: Corporate Influencer, die kostenfrei und authentisch für das Unternehmen werben. In Zeiten, die von der Kommunikation Glaubwürdigkeit, Nähe und Interaktion, fordern, ist der Schritt zu Mitarbeitern als Markenbotschaftern in den sozialen Medien absolut nachvollziehbar. Also den Mitarbeitern den Startschuss für Social Media am Arbeitsplatz geben und los geht es?
Trend oder Instrument?
Ganz so einfach ist das nicht: Handelt es sich um einen Trend, der eher bei digitalen Größen wie Otto und der Telekom funktioniert und in Branchenmedien für Aufmerksamkeit sorgt oder um die Entwicklung eines nachhaltigen Kommunikationsinstruments – wenn ja, für wen? In meiner Bachelorarbeit bin ich dieser Frage nachgegangen.
Vorab: Damit Mitarbeiter als Corporate Influencer agieren können, muss das Unternehmen markenorientiert ausgerichtet sein. Die interne Markenführung rückt bei der Markenbotschafter-Thematik in den Vordergrund. Stichwort: Internal Branding, Brand Behavior, Employer Branding. Voraussetzung ist eine moderne, werte- und vertrauensbasierte Unternehmenskultur.
Corporate Influencer einsetzen
Die Antwort auf die Frage, ob Corporate Influencer ein nachhaltiges Kommunikationsinstrument darstellen, ist: „Ja, aber …“. Aber, weil die interne Markenführung und passende Unternehmenskultur Voraussetzung ist. Das wiederum den Corporate-Influencer-Einsatz als strategisches Kommunikationsinstrument für einige Unternehmen erschwert oder ausschließt.
In acht Stichpunkte habe ich die Ergebnisse meiner Bachelorarbeit zur Einordnung von Corporate Influencern zusammengefasst:
- Chancen: Corporate Influencer sind prinzipiell eine große Chance für Unternehmen. Sie überzeugen mit ihrer Persönlichkeit und die daraus resultierende Nähe zur Community erhöht das Engagement in sozialen Medien. Darum darf die Glaubwürdigkeit eines Corporate Influencers nicht durch monetaristische Anreizsysteme gefährdet werden. Also: Wertschätzung statt bezahlter Postings.
- Risiken: Risiken, wie Shitstorms oder das Veröffentlichen unerwünschter Inhalte, sind durch Schulungen und unter der Voraussetzung einer modernen, auf vertrauensbasierten Unternehmenskultur, die bereits implementiert ist und gelebt wird, gering. Deshalb kein Grund zur Sorge, Freiräume für Corporate Influencer bedeuten nicht gleich den nächsten Shitstorm.
- Content: Die Content-Auswahl auf den Kanälen der Mitarbeiter besticht durch die Selbstbestimmtheit der Markenbotschafter. Unternehmen sollten lediglich Themenblöcke anbieten oder bei Bedarf helfen individuellen Content mit den Corporate Influencern zu kreieren, um die Authentizität nicht zu gefährden. Schließlich geht es genau darum!
- Branche und Mitarbeiter: Corporate Influencer sind branchenunabhängig einsetzbar ( angenommen, die genannten Voraussetzungen stimmen). Bei den Mitarbeitern ist das Engagement wichtiger als die berufliche Position! Die Einsatzbereitschaft zählt. Wobei Mitarbeiter mit Expertenstatus einfacher einzusetzen sind, da ihr Content Relevanz verspricht. Nicht zu vergessen: Der interne Aufwand, bei Mitarbeitern ohne Vorwissen bezüglich sozialer Medien, steigt. Das sollte auf keinen Fall abschrecken, sondern während der Vorbereitung eines Corporate-Influencer-Programms bedacht werden.
- KMUs: Gerade KMUs sollten über Corporate Influencer nachdenken. Der Aufwand ist steuerbar und auf die Ressourcen abstimmbar. Unternehmen, die weniger mit renommierten Markennamen hervorstechen, können sich durch authentische, glaubwürdige Einblicke von der Konkurrenz abheben. Das kann vor allem bei der Gewinnung von Right Potentials hilfreich sein.
- HR Marketing: Corporate Influencer werden als Instrument nachhaltig, wenn sie in strategisch geplanten Corporate-Influencer-Programmen stattfinden und somit Kontinuität innehaben. Bereits aufgebaute Communities der einzelnen Markenbotschafter können beispielsweise Kampagnen im Personalmarketing stützen.
- Auswahlprozess: Die empfohlene Auswahl von Corporate Influencern in modernen Unternehmenskulturen erfolgt durch ein offenes Angebot, bei dem alle Mitarbeiter teilnehmen können (Social-Media-Academies, Workshops, Events). Niemand, der motiviert ist, sollte ausgeschlossen werden. In Großunternehmen mit großer Belegschaft kann es zielführend sein, Mitarbeiter gezielt anzusprechen, damit diese eine Vorbildfunktion übernehmen, bevor das Programm im zweiten Schritt für weitere Interessierte geöffnet werden kann. Den einen richtigen Weg gibt es hier wie so oft nicht, dennoch: Die Initiative sollte vom Mitarbeiter kommen.
- Erfolg: Die Erfolgsmessung unterscheidet sich nicht von der der Kampagnenplanung. Online-Kennzahlen sind relevant, um In- und Output wirtschaftlich zu beurteilen. Wobei hier die arbeitsrechtliche Frage aufkommt, ob solch eine Messung auf privaten Profilen der Mitarbeiter möglich ist oder wie man diese Situation umgeht.
Damit Corporate Influencer nicht wegen eines trendigen Buzzwords in die integrierte Kommunikation aufgenommen werden und deren Wirkung wegen eines Frühstarts im schlimmsten Fall verpufft, gilt es also einige Aspekte zu beachten. Erst dann sollte der Startschuss für Social Media am Arbeitsplatz gegeben werden und die Chancen stehen somit gut, dass Corporate Influencer als authentisches Kommunikationsinstrument funktionieren.