Diesen Monat ist es genau ein Jahr her, dass der Corona-Ausbruch zur weltweiten Pandemie erklärt wurde. Ein Jahr ist vergangen, in dem unsere tägliche Routine, unsere Leben und unsere Arbeitswelt komplett auf den Kopf gestellt wurden. In der Zeit haben wir uns auf Team-HR.de immer wieder damit auseinandergesetzte, was die Pandemie mit Arbeitgebern macht, was sie mit Employer Branding zu tun hat oder auch wie diese weltweite Krise sich auf Auszubildende auswirkt.
Viele Unternehmen haben, sofern es deren Struktur zulassen sukzessive auf Homeoffice umgestellt. Heute zeigt sich, wie wichtig dieser Schritt war, denn eine Rückkehr in den ehemaligen Büroalltag steht noch immer in den Sternen. Eines der Unternehmen, welches schon zu Beginn der Krise sehr schnell auf permanentes Home Office umgestellt hat, ist Gameforge. Der Anbieter von Onlinespielen mit Sitz in Karlsruhe hat damit seinen Mitarbeitern ermöglicht in einem geschützten Umfeld zu arbeiten. Als Gaming Firma ist Gameforge auf umworbene IT-Fachkräfte angewiesen. Grund genug nachzufragen, inwieweit sich das Thema “mobiles Arbeiten” nun ein Jahr später auf die eigenen Arbeitgeberattraktivität ausgewirkt hat.
Wir haben dazu mit Anett Graf, Head of HR von Gameforge, gesprochen. Das Thema Homeoffice ist dort bereits in den letzten Jahren immer mehr zu einer festen Anforderung bei vielen Bewerbern geworden. Gerade bei der hart umkämpften Zielgruppe der IT Fachkräften ist diese Anforderung schon fast als Hygienefaktor zu bezeichnen. Das Unternehmen waren also schon vorher sensibilisiert. Gameforge hat daher das Projekt “Homeforge” ins Leben gerufen.
Anett, ist das Projekt “Homeforge” auch Teil der Arbeitgeberkommunikation / Stellenanzeigen? Also wird es als Benefit kommuniziert – und wahrgenommen?
Ja, wir haben das bewusst relativ schnell in unsere Firmenkommunikation aufgenommen. Auch in unseren Stellenanzeigen gehen wir ganz offen damit um und haben das als festen Benefit ergänzt:
„Wir arbeiten flexibel und sicher! Mit Beginn der Corona-Pandemie haben wir schnell allen Mitarbeitern Home Office ermöglicht. Wenn du von zuhause aus bei uns startest, bekommst du ein strukturiertes digitales Onboarding und die Arbeitsmittel zugeschickt.“
Im Herbst 2020 haben wir das Thema explizit in einer Recruiting-Kampagne in den Vordergrund gestellt, mit Slogans wie:
“Nass und kalt? Arbeite doch im Homeoffice!“
„Staus und pendeln? Arbeite doch im Homeoffice!“
„Komm zu uns – bleib zu Hause. Wir machen Homeoffice!”
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Wie ist der Plan für die Zukunft? Soll diese Flexibilität als Wettbewerbsvorteil für Fachkräfte erhalten bleiben? Welche weiteren Möglichkeiten werden eingeräumt, um Fachkräfte zu binden?
Wir arbeiten gerade an einem neuen Arbeitsmodell, dass die Möglichkeit zum Homeoffice als festen Bestandteil mit einbezieht.
Das ist einerseits einfach eine Notwendigkeit auf dem sich ändernden Arbeitsmarkt: Um als Arbeitgeber weiterhin attraktiv zu sein, müssen wir das tun.
Aber auch wir haben etwas davon. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir in vielen Bereichen problemlos remote miteinander arbeiten können. Viele Mitarbeiter empfinden diese Arbeit als deutlich produktiver, sofern das die persönliche Situation zulässt.
Flexible Arbeitszeiten hatten wir schon immer, aber es kann nochmal zu einer Verbesserung der eigenen Work-Life-Balance führen, wenn man das richtig macht: kein Arbeitsweg mehr, mehr Flexibilität mit Arzt- oder Installateursterminen, mehr Interaktion mit Partner oder Familie oder Haustieren.
Im Sommer 2020 haben wir von der Möglichkeit des steuer- und abgabenfreien Corona-Bonus Gebrauch gemacht und den an alle Mitarbeiter gezahlt, einfach als Anerkennung der außergewöhnlichen Leistung, der hohen Motivation und Flexibilität unserer Teams.
Wie schafft ihr es, dass die Teams trotzdem gut zusammenarbeiten können? Und wie wird weiterhin ein gutes Betriebsklima sichergestellt? (Wie sah zum Beispiel die Weihnachtsfeier 2020 aus?)
Wir arbeiten, wie viele andere auch, mit Chat- und Video-Tools. Das funktioniert sehr gut. Eingebunden in unsere Kontaktsysteme sind Videokonferenzen mit einem Klick erstellt. Die Teams haben sich schnell an diese Arbeitsweise gewöhnt.
Kontakt zu halten ist etwas schwieriger, weil man sich eben nicht mehr „über den Weg“ läuft, aber auch das funktioniert gut. Die Teamleiter haben mehr regelmäßige Teammeetings, um alle zusammenzubringen. Mitarbeiter haben Mobiltelefone bekommen, um erreichbar zu sein, wenn sie viele Außenkontakte haben. Es ist wichtig, dass man sich sieht, das macht viel aus. Also haben wir vor allem Notebooks und auch Webcams nachgerüstet.
Als Ergänzung überlegen wir uns regelmäßig kleine Aktionen und Überraschungen mit Postversand: Sekt zu Silvester, Schokolade zu Ostern, FFP2-Masken, sowas in der Art.
Wichtigster Ort für den Austausch für alle ist ein neu geschaffener Chat-Channel, den alle Mitarbeiter frei nutzen können. Hier wird alles frei diskutiert: Aktuelles zu Politik und Corona-Regelungen, interne Infos zu IT-Themen, Gameforge-Events, Tipps zum Arbeiten im Homeoffice, Unterstützung regionaler Geschäfte und so weiter. Es gibt keine Moderation durch das Unternehmen, es ist wie der große Pausenraum.
Zur Weihnachtsfeier: Tatsächlich ist die der Lage zum Opfer gefallen – wir wollten das nicht online machen. Aber natürlich gab es einen Jahresabschluss durch die Geschäftsleitung im Rahmen eines Company-Meetings in Microsoft-Teams inklusive Zusammenfassung des Jahres und einem Ausblick auf 2021.
Da die Weihnachtsfeier ausgefallen ist, gab es dieses Jahr (2020) aber für alle Mitarbeiter eine Spielekonsole ihrer Wahl als Weihnachtsgeschenk.
Oft wird diskutiert, dass die Einstellung von remote Arbeitskräften den Bewerberpool vergrößert, weil die Kandidaten von überall aus arbeiten können. Merkt ihr eine Steigerung der Bewerber oder könnt Vakanzen besser / schneller besetzen?
Der Fachkräftemarkt ist und bleibt schwierig. Es hat sich unser „Radius“ deutlich vergrößert, aber deutlich mehr Bewerber haben wir so nicht gewonnen. Es gibt aber auch eine gewisse „Bewerbungshemmung“ derzeit. Viele Menschen sind vorsichtig geworden: Das Thema sicherer Arbeitsplatz ist sehr präsent, obwohl wir hier sehr gut dastehen. Aber wir müssen uns hier immer wieder als ernst zu nehmende Branche beweisen.
Was die Prozesse angeht: Die Kandidatenauswahl ist nicht einfacher geworden. Zwar fallen die Anreisen zu Bewerbungsgesprächen weg, aber wenn man sich „nur“ online kennenlernt, gönnt man sich im Zweifel lieber einen Termin mehr als einen zu wenig. Beide Seiten müssen diese Situation gut für sich prüfen.
Wir haben im Moment sehr viele Stellen offen, vor allem im Bereich Entwicklung und Systemadministration. Das kommt aber nicht unbedingt davon, dass es keine Bewerber gibt, sondern eher daher, dass wir für unsere strategische Unternehmensentwicklung und neue Projekte mehr Mitarbeiter brauchen. Wir freuen uns über jede Bewerbung.
Diese Entwicklung zeigen auch aktuelle Studien. So haben gerade Konzerne wegen der vermeintlichen Jobsicherheit an Attraktivität gewonnen. Nichtsdestotrotz zeigt dieses Beispiel – genau wie auch viele andere – wie die Situation sinnvoll und auch langfristig strategisch die Attraktivität von Unternehmen stärken kann. Denn sie hat uns alle zum Umdenken gebracht. Und auch die größten Verfechter von Präsenz in Unternehmen konnten erleben, wie viel auch mit Remote-Arbeitskräften möglich ist. Eine echte Chance also, wenn es um die Gewinnung von hart umkämpften IT-Fachkräften geht.
Welche Erfahrung hat ihr gemacht? Schreibt es uns gern in die Kommentare!
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