Was Arbeitgeber mit dem Equal Pay Day zu tun haben


“Meine Mama arbeitet, meine Mama ist selbständig!” 

Ich erinnere mich, dass ich als Kind diesen Satz sehr häufig gesagt habe. Die Mütter meiner Schulfreundinnen waren zu einem Großteil nicht berufstätig und ich war schon als Kind immer irgendwie ein bisschen stolz darauf zu erzählen, dass meine Mama arbeitet. Und dann auch noch als Selbstständige. Das fand ich immer schon cool. Nicht nur, weil wir dadurch den ein oder anderen Nachmittag vor dem Fernseher verbringen konnten, weil beide Elternteile arbeiten waren (nur sehr selten, Mama, ich weiß!). Ich fand es aber auch cool, weil meine Mama dadurch in meinen Augen sehr stark und groß wurde. Sie hat anderen Menschen als Hebamme geholfen und oft klingelte das Telefon, weil Mütter und werdende Mütter sie um Rat baten. Auch, wenn ich damals sicher nicht zu 100% verstanden habe, was meine Mama wirklich beruflich macht, wollte ich damals auch immer “selbstständig werden, wenn ich groß bin”. Trotz alledem war mir eines immer klar: Papa verdient mehr als Mama. Papa fährt sehr früh zur Arbeit und kommt spät wieder, Papa fährt einen Firmenwagen und muss öfter mal wegfliegen für die Arbeit. Papa bezahlt auch immer – also war in meinem Kinderkopf automatisch die Wertung verankert: Papas Arbeit ist wichtiger. Und das, obwohl ich meine Mama sehr bewundert habe. Heute ist Equal Pay Day und nachdem ich einen Beitrag von Deutschland3000 gesehen habe, in dem Kinder sich zum Thema “Warum verdienen Frauen weniger als Männer” äußern, habe ich mich gefragt, warum das eigentlich so ist. Warum ist in Kinderköpfen verankert, dass “Männer schwerere Sachen heben können” und “der Mann alles macht, die Frau dann einfach noch irgendwas dazu macht”? Wo kommt das her? 

Das Problem hinter dem Equal Pay Day fängt in Kinderköpfen an

Der Equal Pay Day macht Aufmerksam auf die Lohnlücke zwischen Mann und Frau. Laut der Tagesschau verdienen Männer in Westdeutschland im Schnitt knapp 1,5 Millionen Euro im Laufe ihres Berufslebens – Frauen kommen auf 830.000 Euro. Grund dafür seien zum Teil vermehrte Teilzeitbeschäftigungen von Frauen, aber auch längere Auszeiten für Kinderbetreuung oder Pflege Angehöriger. Das alles sind harte Faktoren, die zu dieser Lohnlücke beitragen, ganz sicher. Aber das eigentliche Problem steckt leider immer noch in vielen Köpfen – vom Kindesalter an. Bleiben wir beim Beispiel meiner eigenen Kindheit: Ein Kind wächst auf mit einer berufstätigen Mutter und einem berufstätigen Vater. Die Berufe werden im Elternhaus selten vor den Kindern thematisiert und schon gar nicht bewertet. Was das Kind aber wahrnimmt: Papa wird bei finanziellen Fragen oft konsultiert, Papa bezahlt oft, Papa hat einen Firmenwagen und wird im Heimatort von Nachbarn oft angesprochen: “Oh, scheint beruflich ja gut zu laufen bei Dir – schickes Auto!” Was das Kind auch wahrnimmt: Mama wird von vielen Menschen im Heimatdorf begrüßt, oft angesprochen – alles Patientinnen. Aber selten wird das Thema “Arbeit” hier als solches thematisiert.

Was das Kind nicht wahrnimmt: Beide Elternteile tragen in ihrem Beruf unterschiedliche Verantwortung. Beide verdienen dabei unterschiedlich. Obwohl die Arbeitsfelder nicht verglichen werden können, findet hier eine Gewichtung statt. In “wenig” und “viel” verdienen. Oder in “wichtige” und “nicht so wichtige” Arbeit. Und damit wächst das Kind auf – es hinterfragt selten, warum oft nur männliche Chefs seinen Weg kreuzen. Warum der Kollege einen Firmenwagen angeboten bekommt und es selbst nicht. Es verinnerlicht den Glaubenssatz “Papas Arbeit ist wichtiger, als Mamas Arbeit.” Und der wird weiter gefüttert – von dem Lehrer, der davon abrät einen “Männerberuf” auszuwählen, von dem Chef, der beim Einstellungsgespräch fragt, wie denn die Familienplanung aussieht. Von dem Kollegen, der zwar jünger ist und weniger Berufserfahrung hat, aber dennoch die Führungsposition bekommt. 

Von falschen Glaubenssätzen und zu wenig Selbstvertrauen

Was das jetzt mit dem Equal Pay Day zu tun hat, magst Du Dich fragen? Mehr als Du denkst! Denn durch diese Glaubenssätze wird die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Kind nach einer Gehaltsangleichung fragen wird, immer unwahrscheinlicher. Denn durch diese Glaubenssätze wird es entmutigt und hat auch nicht mehr das Selbstvertrauen, um sich gegen sie zu stellen. Und so entsteht eine Lücke – denn wenn wir nichts dagegen tun und nicht beginnen, dieses Kind – und davon gibt es in jeder Altersstufe noch sehr sehr viele – zu ermutigen endlich aufzustehen und den Mund aufzumachen, dann wird der Equal Pay Day für immer ein Hashtag bleiben, der einmal im Jahr Aufmerksamkeit bekommt.

Geht es nicht viel mehr darum, das Problem langfristig aus unseren Köpfen zu bekommen? Liebe Arbeitgeber, hier brauchen wir eure Unterstützung! Es kann nicht eure Aufgabe sein, Frauen zu bevorzugen und auch eine Quote ist keine Lösung. Es geht mehr um 

  • Förderung – fördert das Selbstvertrauen eurer Mitarbeiterinnen und bestärkt sie, in dem was sie tun, damit sie selbstbewusst nach dem fragen können, was sie verdienen;

  • Transparenz – sprecht offen über das Thema Gehalt, macht transparent welche Position welche Leistungen verdient hat und macht kein Tabu-Thema daraus;

  • Rahmenbedingungen – nehmt nicht einfach so hin, dass Frauen oft diejenigen sind, die sich um Pflege und Betreuungsaufgaben kümmern müssen. Sorgt dafür, dass es Bedingungen gibt, unter denen man beides vereinen kann: Familie und Beruf. Und zwar ohne finanzielle oder karriere-technische Einbußen.

Genau deswegen brauchen wir den Equal Pay Day jedes Jahr – um immer wieder darauf aufmerksam zu machen, dass jedes Unternehmen, jeder Arbeitgeber dazu beitragen kann, dass die Gedanken und Glaubenssätze, die überhaupt dazu führen, aufgehoben werden und irgendwann vielleicht mal ganz verschwinden.

In unserer Recherche zu Beiträgen, die Unternehmen zum Equal Pay Day gemacht haben, fiel uns heute nur eines besonders auf. Vielleicht liegt es an der aktuellen Situation, vielleicht aber auch daran, dass Arbeitgeber das Thema noch nicht so sehr als Kommunikationsthema auf dem Schirm haben. Schade, finden wir. Was meinst Du?

Hand photo created by freepik – www.freepik.com

2 thoughts on “Was Arbeitgeber mit dem Equal Pay Day zu tun haben”

    1. Liebe Astrid,
      da stimmen wir dir absolut zu – es darf nicht nur einen Tag dafür geben, sondern muss im Mindset und den Köpfen der Menschen ankommen!

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